Katzbach - Der Erinnerungsort
Erinnerung
»Katzbach - Der Erinnerungsort«
KZ-Außenlager Katzbach in den Frankfurter Adlerwerken
Dienstag, 24.3.15 - 19:00 frei
70 Jahre danach ist die Tatsache, dass es in unserer Stadt Frankfurt in den letzten Kriegsmonaten ein KZ-Außenlager gab, immer noch nicht sehr bekannt und wird offiziell kaum erwähnt. Ausser einer Gedenktafel an der Außenwand der Adlerwerke und am Hauptfriedhof und seit letztem Jahr auch künstlerischen Aktionen dazu, gibt es kein Mahnmal im öffentlichen Raum, das auf dieses Lager hinweist, das die höchste Todesrate aller Fabrikkommandos des koordinierenden KZ Natzweiler hatte. 1600 Häftlinge wurden in das KZ eingeliefert, 528 starben vor Ort und wurden in einem Massengrab auf dem Hauptfriedhof verscharrt, 245 todkranke Häftlinge wurden wegen Arbeitsunfähigkeit abgeschoben, etwa 530 Todkranke und Marschunfähige wurden mit dem Zug nach Bergen Belsen evakuiert.
Am 24. März 1945 erfolgte die endgültige Räumung des KZ-Außenlagers, das den Decknamen 'Katzbach' erhielt. Etwa 350 Häftlinge wurden, eskortiert von der SS, am Main entlang Richtung Hanau, Gelnhausen, Fulda bis nach Hünfeld getrieben. Für die ausgezehrten Häftlinge war es ein Todesmarsch, denn nur 280 erreichten das Ziel KZ Buchenwald, wo sie weiteres Leiden erwartete. Nur 60 der 1600 Häftlinge der Adlerwerke erlebten das Kriegsende.
Die Täter wurden nie zur Verantwortung gezogen. Akten und Dokumente verschwanden, Untersuchungen wurden eingestellt, die Erinnerung verdrängt.
Es war ein Schülerprojekt der Paul-Hindemith-Schule aus dem Gallus, das die ersten Hinweise aufgriff. Lehrer Michael Knorn und Sozialarbeiter Ernst Kaiser haben schließlich die verschüttete Geschichte des Lagers ausgegraben und in dem Buch »Wir lebten und schliefen zwischen den Toten« festgehalten. Auf der Grundlage ihrer Arbeit haben Initiativen, darunter der Verein ehemaliger Adlerarbeiter LAGG und die IG Metall, sich für die Anerkennung eingesetzt und Überlebende als Zeitzeugen nach Frankfurt geholt.
Auch das Gallus Theater am historischen Ort fühlt sich der Erinnerung verpflichtet und hat mit Initiativen und Institutionen des Stadtteils seit seinem Umzug Gedenkveranstaltungen durchgeführt. Viele Zeitzeugen ließen die geschichtlichen Ereignisse persönlich nachvollziehbar werden. Doch diese Form ist nun an ihre zeitliche Grenze gekommen.
Am 24. März 2015 wollen wir mit vielen Institutionen des Stadtteils den 70. Jahrestag des Todesmarsches und damit das Ende des KZ in den Adlerwerken begehen. Dabei werden wir uns verstärkt der Frage widmen, wie das Erinnern ohne Zeitzeugen in Zukunft gestaltet werden kann. Viele Antworten rücken die Orte nun stärker in den Fokus, worauf der Titel der diesjährigen Veranstaltung "Katzbach - der Erinnerungsort" hinweisen soll.
Wir beginnen den 24.3. mit einem Stadtteilrundgang nach Orten, die der Autor und Zeitzeuge Hans Frick in seinem Buch "Die blaue Stunde" beschreibt. Thomas Sock vom Ortsverein Gallus der Arbeiterwohlfahrt trifft sich mit den Interessierten nach Anmeldung* um 16.30 Uhr und führt sie zu Orten der Verfolgung im Gallusviertel: Arisierungen, Progromnacht, KZ Katzbach und SS-Morde in der Lahnstraße. Gegen 18.00 Uhr wird der Stadtteilrundgang im Gallus Theater enden.
Um 18.00 Uhr wird es eine Führung durch die Ausstellung "Freiheit so nah so fern" im Foyer des Gallus Theaters geben. Die von Centre Européen du Résistant Déporté erarbeitete zweisprachige Ausstellung erläutert das KZ Lagersystem der Hauptverwaltung KZ Natzweiler- Struthof mit seinen zahlreichen Außenstellen. An vielen Orten im Elsass, Hessen und Baden-Würtemberg werden Gedenkstätten betrieben, die heute in engem Austausch stehen. In Frankfurt fehlt dieser Ort.
Um 19.00 Uhr beginnen wir die Gedenkveranstaltung im Theatersaal. Mit musikalischer Begleitung von Beate Jatzkowski werden Texte von Michael Knorn und Ernst Kaiser gelesen. Danach widmen sich einige Akteure aus dem Stadtteil der Frage, wie Erinnerung ohne Zeitzeugen organisiert werden kann und welche Bedeutung Orte dabei haben. Die Diskussion wird danach im Foyer fortgeführt.
Die Veranstaltung wird unterstützt von Arbeiterwohlfahrt Ortsverein Gallus, Bildungs- und Kulturverein Kriegkstraße, DGB Frankfurt, ev. Gemeinde Frieden und Versöhnung, Gallus Theater, Geschichtswerkstatt Gallus, Günes Theater, Islamische Informations- und Serviceleistungen, Islamisches Kulturzentrum Lahnstraße, kath. Gemeinden St. Gallus und Maria-Hilf, Ortsbeirat 1, Sportkreis Frankfurt - Gallus Projekte, Tarik Ben Ziad Moschee, Verein Leben und Arbeiten im Gallus und in Griesheim, Vereinsring Gallus.
* Anmeldung für Stadtteilrundgang bei Thomas Sock, Telefon 069-731133 oder email: ov.gallus@awo-frankfurt.de. Ein weiterer Rundgang findet schon am Sonntag 22.3. um 14.00 Uhr statt.