Geschlossene Gesellschaft
Daedalus Company
»Geschlossene Gesellschaft«
von Jean Paul Sartre
Donnerstag, 06.01.11 20.00 Eur 15/11
Freitag, 07.01.11 20.00 Eur 15/11
Samstag, 08.01.11 20.00 Eur 15/11
Sonntag, 09.01.11 20.00 Eur 15/11
Dienstag, 11.01.11 11.00 Eur 7
Dienstag, 11.01.11 20.00 Eur 15/11
Mittwoch, 12.01.11 11.00 Eur 7
Mittwoch, 12.01.11 20.00 Eur 15/11
»Die Hölle, das sind die anderen.«
Die Hölle, dort befinden sich die drei Figuren Ines, Estelle und Garcin. Sie entspricht jedoch nicht den allgemeinen Vorstellungen. Es handelt sich lediglich um einen einfachen geschlossenen Raum. Auf der Suche nach den vermeintlichen Merkmalen der Hölle, wie zum Beispiel den Folterknechten, gelangen sie im Laufe des Stückes zu der Erkenntnis, dass sie dazu verurteilt sind einander zu »quälen«. Jede/r von ihnen hat Erwartungen an die zwei anderen, die diese aber nicht erfüllen können oder wollen, weil damit verbunden wäre, ihre eigenen Ziele aufzugeben. Vergeblich versuchen sie, ihrem Gefängnis zu entkommen. Als sich dann aber doch eine Tür öffnet und die Freiheit zum Greifen nahe ist, schrecken sie vor ihr zurück. Ihre Gemeinschaft währt ewig.
Die Situation in »Geschlossene Gesellschaft« nimmt die Dadalus Company als Grundlage ihrer Inszenierung. Auch im Theater treffen sich verschiedene einander fremde Personen, um dann in einem Raum - zumindest während der Vorstellungszeit - miteinander eingeschlossen Zeit zu verbringen. Und hat nicht jeder von uns auch eine Leiche im Keller? Dem Publikum geht es nicht anders als den Protagonisten, weswegen wir sie mitnehmen - in die Hölle.
»Beziehungen zu den anderen, Verkrustung und Freiheit, das sind die drei Themen des Stücks. Ich möchte, dass man sich daran erinnert, wenn man den Satz hört: Die Hölle, das sind die anderen.« (Jean- Paul Sartre)
Der französische Existenzphilosoph Jean- Paul Sartre schrieb »Geschlossene Gesellschaft« 1943 zur Zeit des Nationalsozialismus. In seinem Drama seziert Sartre das Handeln von Individuen in einer ausweglosen Situation und ihren aus Selbstschutz resultierenden gegenseitigen Verletzungen durch Sprache und Verhalten. Übertragen auf heute werden in unserer Demokratie Individuen durch Medien fremd bestimmt und in ihrer Freiheit beschnitten. Die Inszenierung thematisiert die Unausweichlichkeit von Medientechnik und einer Bilderflut in unserem Alltag als Bestandteil der Hölle. Sie unterstreicht somit die tiefgreifende mediale Beeinflussung der Gesellschaft und ihre heutige Relevanz.
Die Daedalus Company, benannt nach Daedalus, dem Vater des Kunsthandwerks, hat nach ihrer Debütproduktion »Messer in Hennen« von David Harrower, die am 20. Mai 2010 Premiere hatte, mit »Geschlossene Gesellschaft« von Jean Paul Sartre im November 2010 bereits ihr zweites Stück auf unsere Bühne gebracht:
»Besonders jetzt, so kurz nach der ach! so besinnlichen Weihnachtszeit, scheint uns Sartre mit seinem Drama "Geschlossene Gesellschaft" aus dem Herzen zu sprechen: Denn oftmals braucht es für die Hölle nicht viel mehr als die anderen-eingeschlossen in einem Raum und bis in die tiefsten Abgründe der eigenen Seele blickend. Adaptiert an die Moderne, inklusive Überwachungskamera und Einbezug des Publikums, bringen die drei Schauspieler der Daedalus Company das Stück mit großer Leichtigkeit auf die Bühne des Gallustheaters. Selbst nach knapp zwei Stunden ununterbrochener Aufmerksamkeit fällt es alles andere als schwer, den fesselnden Inhalt des Werkes nochmals im Stillen Revue passieren zu lassen-um sich anschließend vielleicht ein Stück weit deutlicher in den Augen der anderen zu spiegeln.« (FRIZZ, Januar 2011)
»Ohne den Klassikerfreund zu hintergehen, nutzt das Daedalus-Ensemble mit präzisem Spiel und eng am Text das 1943 entstandene Stück zu einem neuen Blick auf Ich-Identitäten, die sich heute medial vernetzt und kontrolliert konstituieren. Wenn nicht alle Fragen beantwortet werden, liegt das daran, daß man sich auch im Theater an das Totsein erst einmal gewöhnen muß.« (Strandgut 1/2011)
»In der Inszenierung von Regina Busch mit der Daedalus Company wird auch die Zuschauerzone in den Aktionsraum, wird auch der Besucher in den Konflikt des Trios einbezogen. Dabei entsteht eine soziale Klaustrophobie, die sich beklemend mitteilt, wenn die Tür knallend ins Schloss fällt, die leicht verunsichernd eskaliert mit den direkten Blickkontakten, die sich im Verlauf der hundert Minuten ohne Pause im Saal ohne schützende Dunkelheit und mit steigenden Temperaturen auch körperlich verspüren lässt.( ....) Das Stück hat das Elend der menschlichen Existenz auch in der materiellen Sorglosigkeit und das Folterpotential jeder sozialen Beziehung drastisch ausgemalt. In der Frankfurter Inszenierung gibt es ein Gefühl für den Wert scheinbar kleiner Wünsche wie einen Moment der Ruhe und für die Bedrohung alltäglicher Angriffe auf die Selbstbestimmung, wenn jedes Gespräch zum Verhör ausartet und jeder Flirt in eine Fallgrube führt.« (FAZ, 17.12.10)
Regie: Regina Busch
Mit: Mandy Müller (Inés), Julia Breckheimer (Estelle), Christoph Stein (Garcin),
Ausstattung: Sandra Li Maennel Saavedra
Licht: Jan Hartmann
Sound: Niels Lanz
Video: Denis Carbone
Dramaturgie: Maren van Severen, Christiane Köppe